Kaiserschnitt
Kaiserschnitt bei der Geburt: Wann er Sinn macht
Abgesehen von den Schmerzen ist die Kaiserschnitt-Entbindung für die Mutter auch mit allen anderen Risiken einer großen Bauchoperation behaftet:
- Infektionen
- Wundheilungsstörungen
- Verlust der Gebärmutter
- höheres Sterblichkeitsrisiko der Mutter als bei der vaginalen Geburt
Diese Gefahren für die Mutter sind der Grund, warum nach wie vor Ärzte dem Kaiserschnitt nicht ohne medizinische Indikation zustimmen. Etwa 2-3% aller Frauen, wünschen sich einen Kaiserschnitt, ohne medizinische Gründe.
Wenn eine Schwangere aus Angst vor der Geburt oder nach einem vorangegangenen negativen Geburtserlebnis einen Kaiserschnitt wünscht, kann der Kaiserschnitt auf Grund einer psychosomatischen Indikation (Panik vor der Geburt) durchgeführt werden.
Vollnarkose oder regionale Betäubung beim Kaiserschnitt?
Eine Vollnarkose ist um einiges eingreifender als eine regionale Anästhesie (PDA), die oft auch bei der Geburt zum Einsatz kommt. Die Vollnarkose wird heute nur noch im Notfall oder wenn die regionale Anästhesie nicht möglich ist, eingesetzt. Nur 5 bis 10 % aller Kaiserschnitte unter Vollnarkose statt.
Kaiserschnitt bei der Geburt immer häufiger
Der Anteil der Kaiserschnitte in Deutschland ist in den letzten 8 Jahren von 20 auf über 30 % der Geburten gestiegen. Dabei wissen wir, dass sich bei einer Rate von mehr als 15% keine weiteren Verbesserungen für die Sicherheit von Mutter oder Kind ergeben.
Hinzu kommt eine deutliche Zunahme bei den Risikoschwangerschaften u.a. durch die wachsende Zahl „älterer“ Schwangerer und die Fortschritte in der modernen pränatalen Diagnostik.
Diese Zunahme lässt sich durch das ärztliche Geburtsmanagement in den Krankenhäusern erklären. In Hebammen geführten Kreissälen und vor allem in der Hausgeburtshilfe liegen die Kaiserschnittraten nämlich deutlich niedriger. Doch Ärzte warten immer seltener die natürlichen Abläufe der Geburt ab und neigen schneller als früher zur Entbindung per Operation.
Kaiserschnitt bei Ärzten beliebt. Warum?
Viele Ärzte befürchten Klagen wegen möglicher Behinderungen des Kindes durch die vaginale Geburt.
Leistungs- und Kostendruck in Krankenhäusern
Ein Kaiserschnitt ist für Klinikchefs nicht nur einfacher zu planen, sondern auch lukrativer: Er geht in der Regel binnen 60 Minuten über die Bühne, doch die Klinik kann der Krankenkasse etwa doppelt so viel berechnen wie für eine oft Stunden dauernde natürliche Geburt.
Kaiserschnitt: Auswirkungen auf zukünftige Geburten
Dennoch: Experten weisen ausdrücklich darauf hin, dass ein Kaiserschnitt nie leichtfertig durchgeführt werden darf. Vielen Frauen ist nicht klar, dass ein Kaiserschnitt eine Hypothek auf die nächste Schwangerschaft bedeutet. Es kann zum Einreißen der alten Narbe kommen und häufiger zu Störungen beim Anwachsen der Plazenta sowie gehäuftes vorzeitiges Lösen der Plazenta, mit lebensgefährlichen Folgen für Kind und ggf. auch die Mutter.
Das Einreißen der alten Narbe unter der Geburt ist jedoch sehr selten, auf 0,5 bis 2 % beziffert die aktuelle Datenlage das Risiko, das im schlimmsten Fall den Verlust des Kindes zur Folge haben kann. Werden unter der Geburt keine Mittel zur Wehenförderung eingesetzt und die Geburt verläuft weitgehend ohne medizinische Eingriffe, so ist die Wahrscheinlichkeit für ein Reißen der Narbe deutlich geringer. Die meisten Schwangerschaften nach einem Kaiserschnitt verlaufen ohne Komplikationen und das Geschwisterchen kann vaginal entbunden werden. Denn die alte Regel „Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt“ gilt heute nicht mehr.
Folgende Punkte sprechen für einen Kaiserschnitt:
- Befindet sich das Baby unter der Geburt in Querlage, Gesichtslage oder Fußlage, so kann es nicht auf normalem Wege geboren werden. In vielen Krankenhäusern werden auch die Babys in Beckenendlage per Kaiserschnitt geholt, obwohl sich hier eine Veränderung andeutet.
- Kommt es unter der Geburt zu einer Notlage für das Baby, z.B. durch eine Ablösung der Plazenta, den Vorfall der Nabelschnur oder andere Ursachen, so ist der Kaiserschnitt oft die rettende Lösung.
- Wenn bei einem Geburtsstillstand über mehrere Stunden mit viel Geduld alle verfügbaren Mittel ausgeschöpft wurden, kann es für das Kind und die meistens maximal erschöpfte Mutter eine letzte Lösung sein.
- Leidet die Mutter an einer HIV Infektion oder an einer akuten Herpesinfektion am Genitale, wird die Gefahr einer Ansteckung des Kindes durch den Kaiserschnitt vermindert.
Die Sterblichkeit von Babys rund um die Geburt konnte allerdings seit Ende der 80ger Jahre auch durch hohe Kaiserschnittraten nicht mehr weiter gesenkt werden.
Risiken fürs Baby beim Kaiserschnitt
Vor allem beim geplanten Kaiserschnitt kommt es oft zu Anpassungsstörungen der Atmung des Neugeborenen. So müssen doppelt so viele Kinder auf die Neugeborenen – Intensivstation verlegt werden, wie nach vaginalen Geburten. Während einer normalen Geburt wird die fetale Lungenflüssigkeit – oft irrtümlich als Fruchtwasser in den Lungen bezeichnet – herausgedrückt. Außerdem wird kurz vor und während der Geburt ein Stresshormon ausgeschüttet, das zur Reifung der Lungen führt. Da dies beim Kaiserschnitt nicht geschieht, kann es dazu führen, dass dem Baby vorübergehend die Atmung schwer fällt.
- Kaiserschnittkinder haben häufiger langfristige gesundheitliche Probleme, wie Allergien oder Typ 1 Diabetes.
- Kaiserschnitt kann psychische Folgen für die Mutter haben: Ein weites Feld sind die emotionalen Folgen der abrupten Geburt durch den Kaiserschnitt. Nicht wenige Mütter haben das Gefühl, keine „richtige“ Geburt zustande gebracht zu haben und leiden darunter.
- Viele berichten von Schwierigkeiten beim Bindungsprozess zwischen Mutter und Säugling, dem Bonding.
- Stillprobleme
- Schmerzen im Wochenbett
Und wie sieht die Zukunft aus? Aktuelle Einschätzungen mutmaßen, dass zu einem gewissen Zeitpunkt wegen des emotionalen Erlebnisses ein Revival der natürlichen Geburt einsetzen wird. Man schätzt, dass sich die Kaiserschnittquote auf Jahre hinaus bei 25% einpendeln wird, weil darüber hinaus doch keine Nachfrage/Bereitschaft der Frauen für diese Art der Entbindung besteht.
Lesen Sie auch
Selbstbestimmt und risikolos? „Wunschkaiserschnitt“ von Beate Schücking
(PDF-Dokument, 21 KB)